Montag, 15. Oktober 2012

Warum will man eigentlich Kinder?

Eine berechtigte Frage. Findet ihr nicht? Warum um alles in der Welt taucht bei einer Frau urplötzlich der Wunsch auf, Mutter werden zu wollen? Heute feiert man noch ausgelassen den 25. Geburtstag und morgen beginnt man sich den Kopf über fruchtbare Tage und Babykram zu zermartern. In so manch ruhiger Minute habe ich mich bereits mit dieser Frage beschäftigt. Aber nicht nur in ruhigen, besinnlichen Minuten. Denn meist drängte sich mir diese Frage dann auf, wenn man sich als Unfruchtbare mitten in einem Mütter-Rudel befindet und die Situation einfach nur beobachtet.

Die Kleinen schreien, weinen bei jeder Gelegenheit, wissen anscheinend ab der ersten Lebenswoche die Eltern auszutricksen, gegeneinander aufzuhetzen und erlauben den meist völlig abgekämpften Müttern nicht einmal eine kurze Kaffeepause.

Ich verhalte mich dann immer recht ruhig und beobachte das Ganze mit (ich gestehe) einem leichten Grinsen im Gesicht. Also bitte: wenn ich schon unfruchtbar bin, dann darf ich mich wohl über gestresste, genervte Eltern belustigen. Ein wenig zumindest.

Mütter halten sich ja fälschlicherweise für ganz normale Menschen. Das Folgende würde ich nicht wagen in einer Müttergruppe von mir zu geben. Das könnte böse enden. Aber seien wir uns ehrlich: Welche Menschengruppe unterhält sich denn während dem gemütlichen Freundinnentreffen über Brechdurchfall, Rotzblasen und Dammschnitte? Ganz richtig: Mütter. Ob man will oder nicht, man erfährt alles über die (ohnehin immer) schlimmste Geburt aller Zeiten. Zu große Köpfe die sich durch zu kleine Ausgänge quetschten. Zu lange Fingernägel, die Spuren im weiblichen Innenraum hinterließen. Und nach solchen oder ähnlichen Horrorgeschichten kommt aber immer, und das unter Garantie, der Spruch: aber wenn man das kleine Ding dann auf der Brust liegen hat ist alles vergessen.

Ach ja? Und warum könnt ihr dann die ganzen Abartigkeiten detailgetreu wiedergeben?

Alles wird einem förmlich aufgedrängt.

Aber wehe man gibt dann als Nichtmutter irgendwelche unpassenden Kommentare ab. Wir haben zwar Meinungsfreiheit, aber Vorsicht. Mütter sind was ihre Babys angeht, humorfreie Zonen. Mit ihnen ist nicht zu spaßen. Man könnte glauben, dass  manchen Müttern zusammen mit der Nachgeburt auch ein Großteil ihres Humors abgenommen wurde.

Die realistische Wahrnehmung hinsichtlich des eigenen Kindes ist Müttern meistens auch unmöglich. Das eigene Kind ist ohnehin das Schönste (was ich ja auch verstehe), auch wenn der kleine undichte Mensch mit schrumpeligen Ärmchen und Beinchen und oft deformiertem Schädel (man hofft darauf, das sich das noch zurecht wächst) vor einem liegt. Aggressive Schreihälse werden schnell mal als "aufgeweckt" betitelt und ängstliche Rockzipfelhänger als "sensible Denker". Und wie lange gelten mondgesichtige Moppel offiziell eigentlich als Babyspeck-Träger?

Die Schwangerschaften selbst werden den Nichtmüttern ja trotz mindestens dreimonatiger Kotzanfällen, Stimmungsschwankungen und Elefantenbeinen schön geredet. Kreuzschmerzen und Schwangerschaftsstreifen werden dezent unter den Tisch fallen gelassen und auch die Tatsache des partnerschaftlichen Zehennägelschneidens und Dammbeinmassierens wird verschwiegen.

Wenn die kleinen (oft übellaunigen) Zwerge dann auf der Welt sind, beginnt die Erziehung. Irgendwie sollte man es ja hinbekommen, dass aus dem eigenen Kind nicht ein absoluter Loser wird. Die ersten Jahre bestehen aus Trotzphasen, Schlafmangel, Kotzflecken auf nahezu jedem T-Shirt und bergeweise vollgekackter Windeln. (Und nein, liebe Mütter, der Geruch einer Solchen ist außer für direkt im Verwandtschaftsverhältnis Stehende wirklich nicht erträglich.)

Also warum zum Teufel will man denn nun Kinder?

Ist diese Frage denn wirklich so ungewöhnlich? Ich habe sie auch in meinem Umfeld gestellt. Aber irgendwie war die Reaktion Mancher doch sehr speziell. Ich hatte sehr oft das Gefühl, dass diese Frage einer unfruchtbaren Frau nicht zustünde. Darf ich mir die Frage denn nicht ernsthaft stellen?

Bist du dir denn nicht mehr sicher? Warum versuchst du denn dann eine künstliche Befruchtung? Denkst du wirklich so über Schwangerschaft, Geburt und Erziehung? Solche und Andere Gegenfragen kamen postwendend zurück.

Halt! Stopp! Wenn ich mir nicht absolut sicher wäre, dass ich ein Kind will, dann würde ich das Alles nicht auf mich nehmen. Und die vielen vernachlässigten Kinder, die aus einer reinen kurzfristigen Bauchentscheidung heraus oder aus Fahrlässigkeit gezeugt wurden, sprechen meines Erachtens dafür, dass sich mehr diese Frage stellen sollten.

Ich bin mir sicher. Ich wünsche mir nichts mehr als eine dieser übervorsichtigen, vollgekotzten, manchmal gestressten, durch und durch liebenden Mütter zu werden. Mein Kind wird für mich einmal den schönsten deformierten Kopf, die süßesten Schrumpelärmchen und die best riechenste vollgekackte Windel haben. Ich freue mich darauf, einem kleinen hilflosem Wesen viel von meiner Zeit, Fürsorge und Liebe zu geben. Unsere Beziehung ist stark genug für ein Kind eine andere Qualität anzunehmen. Wir sind bereit für einen völlig neuen Lebensabschnitt und bereit dafür uns dem anfänglichen Chaos zu widmen.

Und genau so wie jede andere frischgebackene Mutter möchte ich (wenn meine Zeit irgendwann kommt) nach einem 15-stündigen Geburtsmarathon mein blutverschmiertes, blaugefärbtes Babybündel auf der Brust liegen haben und überglücklich sagen können: alle Schmerzen sind vergessen.

Also ja, ich weiß ganz genau warum ich ein Kind möchte!

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