Montag, 15. Oktober 2012

Ein neues Jahr – ein neues Glück?

Mein Jahresabschluss zu Silvester wurde genau so zelebriert, wie ich es mir vorgenommen hatte. Ich habe 2010 zwar nicht (wie geplant) aus meinem Gedächtnis gelöscht, sondern erstaunlicherweise sehr viel daraus mitgenommen (und ich spreche nicht nur von meinem vernarbten Bauch mit lauter kleinen Schnitten, auf dem ein jeder Malen-nach-Zahlen-Fanatiker seine liebe Freude gehabt hätte). Ich bin reifer geworden, habe viel über mich erfahren, festgestellt wie stark ich bin, meine Beziehung ist noch intensiver geworden und vor allem habe ich einiges über das Leben an sich gelernt. Ich zog die sprichwörtliche Moral aus dieser Geschichte. Und wenn es eine Moral gab, dann war es wohl die: nicht alles im Leben ist planbar.

So absurd es klingen mag, doch all das Erlebte hatte etwas Gutes. Wir entkamen diesem Druck. Wir haben (auf schmerzliche Art und Weise) gelernt, die Kontrolle abzugeben. Die Kontrolle abgeben zu müssen. Auszubrechen aus diesem Rad in das man sich selber presst, sich pressen lässt, ob man will oder nicht. Von Termin zu Termin zu hetzen, Wartezeiten zu überbrücken, zu hoffen und wieder enttäuscht zu werden. Rückblickend behaupte ich sogar, dass unser erster Versuch absolut keine richtigen Emotionen mehr zugelassen hat. Wir haben nur mehr funktioniert. Ich habe nur mehr funktioniert.

Vielleicht war einfach alles Zufall, vielleicht war es aber auch ein unbedingt notwendiger Schachzug des Schicksals. Je nach Interpretation.

Durch meine eigene gewonnene Kraft und Stärke, mutierte ich zur Ansprechperson vieler Kinderloser. Nicht dass ich diese Aufgabe nicht gern übernommen hätte. Mir war nur zu Beginn nicht bewusst, wie viele Schicksale und Geschichten sich in meinem persönlichen "Kinderlos-Universum" rings um mich abspielten. Meine Bekannten und Freunde schätzten meine offene, mit schwarzem Humor vollgepumpte Art mit diesem Thema umzugehen. So fiel es auch ihnen leichter mit mir umzugehen. Viele wussten anfänglich nicht wie sie mit mir sprechen sollten. Sollten sie mich versuchen aufzubauen, sollten sie mich bemitleiden oder sollten sie sogar den Kontakt zu mir reduzieren? Manche konnten sich nach eigener Aussage nicht einmal zu einem Telefonat durchringen, aus Angst vor meinem seelischen Befinden.

Und als sie dann merkten, dass ich nicht den Kopf in den Sand steckte und ganz locker mit diesem Thema umging, waren sie alle erleichtert. Und mit der Erleichterung kam eben bei Einigen unwiderruflich der Drang sich zu offenbaren. Sich mir zu offenbaren.

"Woher nimmst du die Kraft?"

"Wie geht es dir in dieser Situation?"

"Wie verarbeitest du das?"

"Was würdest du tun?"

Solche Fragen kamen des Öfteren. Aber vor allem wollten sie darüber sprechen. Es war weniger das "wissen wollen" sondern mehr das "endlich einmal mit einer Gleichgesinnten sprechen". Mir ging es ja nicht anders. Für mich war meine Offenheit diesem Thema gegenüber - sei es das Schreiben oder das offen Aussprechen - meine Therapie. Und ich verstand diejenigen, die mir jetzt ihr Herz ausschütteten. Ich verstand sie nur zu gut. Es interessierte ja auch mich wie es Anderen ging. Ganz unterschiedliche Menschen, ganz unterschiedliche "Krankheitsbilder", ganz unterschiedliche Familienverhältnisse, ganz unterschiedliche partnerschaftliche Unterstützung oder auch ganz unterschiedliche Meinungen über künstliche Befruchtung im Allgemeinen. Nicht alle kinderlosen Paare in meiner Umgebung waren auch gewillt eine künstliche Befruchtung in Betracht zu ziehen. Manche waren absolut gegen diese Möglichkeit, trotz riesigem Kinderwunsch. Ich respektierte alle Meinungen, aber verstanden habe ich nicht alle. Ich wollte auch keinen bekehren. Immerhin hatte ich mit meinen bisherigen Erfahrungen jetzt nicht unbedingt starke, aussagekräftige PRO-Künstliche-Befruchtungs-Argumente in petto. Meine Geschichte war zwar nicht die typische "ein Fall wie aus dem Leben gegriffen"-Variante, aber dennoch möglich. Und gute Tipps oder Vorschläge einzubringen stand mir sowieso nicht zu. Also ließ ich das mal schön bleiben.

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