Im Februar dieses Jahres bekam Hasi´s Schwester ein Baby. Einen süßen
kleinen Fratz namens L. Es war schon schwierig genug von der
Schwangerschaft zu erfahren und dann fast 9 Monate lang das für uns schier
unmögliche präsentiert zu bekommen. Einen richtig fetten, kugelrunden
Schwangerschaftsbauch, entstanden auf ganz natürlichem Weg. Wir mussten uns
damit abfinden, dass nicht wir das erste Enkelkind beisteuern würden, sondern
Hasi´s um Jahre jüngere Schwester. Sehr toll. Von nun an vermehrten sich
zusätzlich die schmerzenden Anmerkungen wie "na, wann ist es denn bei euch
endlich so weit?" oder „bei euch wäre es jetzt auch endlich mal an der
Zeit“. Ich konnte es nicht mehr hören. Ich hatte es so dermaßen satt diesen
Satz zu hören. Es war zum aus der Haut fahren. Und ich hatte es außerdem so
dermaßen satt, diesen Satz zu kommentieren.
"Wir lassen uns noch Zeit." "Jetzt suchen wir mal ein
Haus." Blablabla.
Und um noch richtig schön Salz in unsere Wunden zu streuen und noch
einmal schön darauf hinzuweisen, dass wir immer noch kinderlos waren, wurden
wir zu L´s Taufpaten ernannt. Nicht dass wir uns nicht gefreut hätten. Wir
freuten uns riesig auf diese Aufgabe. Und wir freuten uns auch riesig über
L im Allgemeinen.
Aber seien wir uns ehrlich: leichte Kost war das nicht. Man wünscht
allen nur das Beste, freut sich mit allen mit, möchte nur das Beste für den
kleinen Wurm. Aber jeder in dieser Situation wird mir bestätigen können, dass
es extrem schwierig ist und mit sehr viel Kraft verbunden ist. Und es wäre gelogen, wenn ich behaupten
würde, dass es mir gut ging in diesen Monaten. Irgendwann hab ich dann einmal
meinen Frieden damit geschlossen. Keine Ahnung wie mir das gelungen ist. Wir
freuten uns auf jeden Fall ganz toll auf unser Patenkind.
Natürlich wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand von unseren Familien
bescheid.
Und auch zum Zeitpunkt der Taufe im Juni hatten wir gerade mal meine
Eltern und meinen Bruder eingeweiht.
Ich besorgte ein Taufkettchen mit Schutzengelanhänger und ließ es mit
dem Geburtsdatum gravieren. Ein Taufbuch, einen Rosenkranz, eine wunderschöne
Taufkerze mit Untersetzer und zu guter letzt wagte ich mich selbst noch über
eine Torte, die aussah wie ein Babygesicht mit Schnuller (wurde übrigens ganz
toll, wenn man nicht vorhatte sie zu essen). Außerdem legten wir für L auch
noch ein Sparbuch an, das er nach seiner Firmung plündern könnte.
Die Taufe selbst war an einem Samstag. Eine zweite Familie war auch
dabei, deshalb waren die Lesungen und Lieder aufgeteilt und von beiden Familien
verschiedene Geschichten ausgewählt worden.
Beim durchlesen der Texte im Vorfeld, hatte ich mich schon über eine Textpassage
der anderen Familie gewundert und habe diese sogar noch belächelt. Es hieß
darin: "Lieber Constantin, so lange haben wir auf dich gewartet, und dann
kamst du doch zu früh."
Ich musste lachen. Also was jetzt. Lange warten? Zu früh kommen? Was wollten
die damit aussagen? Für meinen Geschmack war das ziemlich unvorteilhaft
formuliert.
Das Lachen verging mir relativ schnell.
Während der Taufe standen die anderen Eltern auf und lasen einen
selbstverfassten Text vor. In diesem Text ging es darum, dass die beiden
bereits seit 10 Jahren versuchten ein Baby zu bekommen (so lange mussten wir
auf dich warten). Lasst euch das mal auf der Zunge zergehen. 10 Jahre.
Constantin war ein ziemliches Frühchen (dann kamst du doch zu früh), aber es
ist alles gut verlaufen.
Ich saß während dieses Textes wie angewurzelt auf meinem Stuhl und
vernahm die Worte der Beiden. Tausend Bilder schossen mir durch den Kopf. Ich
dachte gleichzeitig an so Vieles und doch an gar nichts. Meine Härchen an den
Armen stritten sich um einen Stehplatz, ich war so ergriffen. Wie hypnotisiert
starrte ich die Beiden an und lauschte ihrem Text über ihr Wunschkind
Constantin. Als sie zu weinen begann (was ich verstand, denn mir kullerten
bereits seit längerem die Tränen in Zweierreihen über die Wangen), drückte er
sie ganz fest an sich und schaute ihr kurz aber bestimmt ganz tief in die
Augen. Diesen Blick werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Er dauerte nicht
länger als drei Sekunden, sagte aber dennoch soviel aus.
Wir haben es
geschafft. Wir halten unseren Sohn in den Armen. Die Zeit des Wartens hat ein
Ende. Die Kräfte raubenden Jahre sind vorbei. Wir sind jetzt eine Familie. Wir
sind so glücklich und dankbar.
Und dann spürte ich eine Hand auf der Meinen. Sanft. Ganz zärtlich wurde
meine Hand gedrückt. Ich drehte den Kopf Richtung Hasi. Und da war er. Ein
Blick. Sein Blick. Hasi´s ganz spezieller Blick für mich. Unser Blick. Unser
Augenblick. Voll von Zuversicht, Liebe und Wärme.
Wir schaffen das
auch!
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